Kleine Vorgeschichte: Seitdem mich meine Fähigkeit Improvisation und rohe Gewalt zu mischen zum Computerexperten im Familien- und Freundeskreis gemacht hat, predige ich Backups. Leute echt jetzt, macht Backups! Zwei meiner Laptops suicidierten. Nun ja. Ich hatte Wasser gepredigt. Meine in jahrelanger Kleinarbeit gehegte und gepflegte Feed-Liste starb einen digitalen Tod. Seitdem sammel ich die alten, liebgewonnenen Feeds wieder ein, so gut sich das eben noch rekonstruieren lässt. Viele Blogs gibt es auch nicht mehr oder die letzten Beiträge sind älter als Monate oder Jahre.
Aber Freunde, so langsam könnte man sich doch (wieder oder endlich mal?) so richtig mit dem Bloggen an sich anfreunden. Die Debatten (Säue durchs Dorf, Relevanz, äh.. und noch mehr Relevanz?) sind schon lange tot. Die Geltungssucht sternwortwitzelt auf Favstar Twitter. Dem Volk gefallen Dinge auf Facebook.
Liebe noch mitlesende Veteranen, Beteiligte alter Diskussionen, gibt es euch noch? Wo stehen die Blogs heute? Oder wie läufts? Oder hat sich das Ganze ausgesessen?
*
a.) des Wandels
b.) der Cholera
c.) der Evolution lustiger Katzenvideos
d.) der Zeit
e.) der unsinnigen Aufzählung möglicher Titelvarianten
Och, ich schreibe noch immer unregelmäßig ins Netz und wüsste auch nicht, warum ich daran etwas ändern sollte. Seit 6 Jahren heißt das bei mir auch Blog, vorher Webmagazin (webmag! *würg*) oder so. Auch egal.
Das Social-gedöns scrollt sich so schnell nach unten weg, ich glaube, es muß im Netz auch Texte geben, die ein bisschen länger Bestand haben. Auch wenn die große Welle jetzt durch ist, das ist gar nicht schlimm, die hat so manches an- anderes weg- oder freigespült.
Ich seh das eher unverkrampft.
blog on.
Gegen ein „webmag“ ist selbst dieses Blog jung.
(Und interessehalber: Ich sehe keinen Link, wo schreibst du?)
Es gibt viel, was ich demnächst auf dem Blog aufarbeiten möchte, mir fehlt da aber der Ansatz. Ich habe ganz ehrlich Angst davor, einen langen Text über das vergangene Vierteljahr zu schreiben, und so ad-hoc-Emoanfälle lassen sich mit einem schnell geposteten Musikvideo auf Facebook oder einer Zustandsbeschreibung auf Twitter schnell verarbeiten.
Aber grundsätzlich gibt es mich noch, immer mal wieder. Wie bei Dir halt :-)
f) des Krieges
Ich stelle beruhigt fest, dass keines meiner Blogs in jüngster Zeit verstorben ist. Es gab eine schwere Welle vor zwei Jahren, als viele von mir geliebte Blogs verschwanden, als wären die Besitzer und Beschrifter gemeinsam auf einem Angelausflug verschollen. Dennoch, das Abwandern zu Twitter könnte ich ebenfalls beklagen, wäre ich nicht selbst einer dieser Schufte. (Obgleich ich Besserung gelobe. Ich kehre zurück!) Es gibt sicher eine vollkommen richtige und gut argumentativ abgeleitete Erklärung für all das, doch ich versuche es mit meiner eigenen: Twitter hat viele Blogs als Mittagspausenlektüre abgelöst, was sicher an der Unmittelbarkeit und Direktheit der Diskussion ebenso liegt wie an der Kürze der Beiträge. Andererseits hat es viele Privatblogger zu Gagtwitterern verzogen und die Tech-Blogger retweeten jetzt einfach heise direkt. Textkonsum, der durch die Feedreader begann, ist mit Twitter einfach nur logisch, wenngleich drastisch, fortgesetzt worden. Aber nicht nur Twitter ist es, es ist auch das Leben. Bloggen kostet Zeit. Viele widmen ihre Zeit mittlerweile Kindern oder Karriere. Schließlich werden nicht nur unsere Blogs Jahr für Jahr älter.
Heute hat Bloggen fast etwas Nostalgisches. Und das bedingt durchaus das Absterben vieler Blogs, weil man sich einfach nicht mehr Echtzeitnetz und in seiner Relevanz bestätigt genug fühlt. Doch andererseits hält es auch viele Schreiber gerade deshalb dabei. Bloggen war doch immer auch nicht wenig Idealismus. Und dass es irgendwann so viele Blogs aus ach so niederen Beweggründen gab, wurde doch auch reichlich beklagt. Nun, nach ein paar Jahren und dem Erfolg von Twitter, zeigt sich, wer wirklich im Blog seinen Kanal gefunden hat. Sicher, es wird weniger geschrieben werden und immer wieder werden Leute ganz aufhören. Doch wer spielt noch regelmäßig auf dem Super Nintendo? Kaum jemand. Aber immer noch haben viele von uns ein Leuchten in den Augen, wenn wir es ab und zu herausholen und anschalten. Es gibt Besseres und Neueres, aber eben nichts mehr wie das.
Blogs nähern sich dem wieder an, was sie zu Anfang waren: Liebhaberstücke. Kleine Kostbarkeiten.
Ich glaube nicht, dass die Ära der Blogs vorüber ist. Ich glaube, sie hat auf eine Art jetzt, nach dem Hype, erst begonnen.
Und bei mir ist es halt so, dass ich Vater geworden bin, beruflich blogge und wegen all dem privat keine Zeit und Muße dafür aufzubringen mehr imstande bin. Ausnahmen, klar, gibt’s. Vor allem im Craplog gelegentlich. Weil, wär ja schade wenn das Blog mit den besten Ladezeiten nicht befüllt würde.
Sehe gerade, dass die kleine CSS-Bastelei die Größe der Kommentarschrift etwas zerschossen hat, hm..
@Sebastian: Es gibt Zeiten, in denen ist es gut, alles aufschreiben zu können. Und es gibt Zeiten, da sollte man (noch) tunlichst die Finger davon lassen. So geht es jedenfalls mir. (Wenn wir hier gerade bei Zeiten sind).
@Roman Held: „Schließlich werden nicht nur unsere Blogs Jahr für Jahr älter.“ Ich sitze auch inzwischen hauptberuflich 6-9 Std. pro Tag am PC. Danach ist digitalmentale Wüste. Keine Texte mehr. Kaum ein müder Tweet. Am PC lese ich noch, schaue Filme, höre Musik. Ich weiß nicht, wie andere diesen Output schaffen.
Ich glaube nicht, dass die Ära der Blogs vorüber ist. Ich glaube, sie hat auf eine Art jetzt, nach dem Hype, erst begonnen.
Das wünsche ich mir auch. Eine Ära als schöne Nische.
Aber nicht, dass hier ein falscher Eindruck aufkommt. Ich beweine hier keineswegs einen Untergang oder trauere einer Zeit nach. Das was alles auf Twitter passiert, prangere ich bestimmt nicht an, geschweige denn den Weg, den das Web und die digitalen Publikationsformen nehmen. Einige Blogs/Menschen vermisse ich aber dann doch.
@Frank: Andere Väter haben auch schöne Geschichten, wie z.B. Herzdamengeschichten. Scherz beiseite, natürlich selbstverständlich verständlich.
Das Craplog geht tatsächlich ab wie Rakete. Das kann sich sogar fefe mit seinem „kein PHP, Perl, Ruby, MySQL und Java“ noch eine Scheibe abschneiden.
Ich bin etwas traurig, dass ich kein Android-Handy mein eigen nennen darf. So nutzt mir all eurer schönes Schreiben nichts ;)
isch abe gar keine blog!
g.) von Twitter und Facebook
Ja, Twitter und Facebook haben uns Leser geklaut. Noch schlimmer: Sie haben uns Kommentare und Links geklaut.
Und nein: Twitter und Facebook haben uns neue Leser gebracht. Viele davon kommentieren auf Facebook. Das sind Leute, für die Facebook gleich Internet ist. Das ist seltsam, aber es ist so.
Man kann das beklagen oder – wie die Kommentatoren hier – schlicht konstatieren. Wie Roman sagt: Es ist eine andere Zeit, vielleicht sogar eine bessere.
Wer jetzt noch via Blog ins Internet schreibt, tut das aus Spaß, nicht aus Geltungssucht. Und mir gefällt es nach wie vor, Kommentare von Leuten zu kriegen, die ich nicht kenne, die mir nicht folgen und mit denen ich nicht befreundet bin.
Und am schönsten ist es, solchen Leute dann doch irgendwann real die Pfoten drücken zu können. Am liebsten, wenn das Letz niest.
Bloggen ist die Königsklasse des Twitterns! Keep on bloggin`…