„Bist du nicht müde?“ fragt mich der kleine Junge, als ich mich mit dem Tablett durch die Feier schiebe. Ich beuge mich herunter, während ich mit sorgfältiger Lässigkeit ein halbvolles Glas Rotwein und zwei abgestandene Gläser Sekt balanciere.
„Nein“, sage ich lächelnd und werde mit großen Augen angeschaut, weil ich dieser Selbstverständlichkeit zwei Uhr nachts entgegentrete. In kleinen Gruppen herumstehend, ist die Feier schon in Auflösung begriffen.
„Der ist müde, der gibt das nur nicht zu“, sagt ein Mann (ein junger Mann, ein Junge?) väterlich. Er ist in meinem Alter.
Ich lächele viel-, nein nichtssagend und stelle ein weiteres Glas aufs Tablett. Der Junge blickt triumphierend zu mir auf.
Ich muss aufpassen, dass ich nicht auf meine Schürze trete. Meine Füße schmerzen. Ich spüre die Augenringe. Dennoch, die Nacht hat für mich ihre Schwerelosigkeit erreicht. Ein Gefühl des Gleitens. Das Erwachen eines Geistes, der am Tag schlummert und der sich wieder erinnert. An die schlaflosen Nächte. An das Aufstehen. An das Glas Wasser und die Zigarette im Dunkeln. An die Momente, die nur einem selbst gehören. Bis irgendwann die Müdigkeit wiederkehrt, die einen ins Bett treibt und am nächsten Tag mit voller Wucht in die Fresse schlägt.