Doppelschlitztoaster

Diese Poesie der Funktionalität einer Produktbezeichnung im Discounter (der ohne Mitarbeiterüberwachung) weckt eine kindliche Freude in mir. Und irgendwas brauchen auch Blogger als Überschrift. Sonst so Sonne am See. Wasserstoffbrandstrahlung meets H2O. Sobald die Sonne rauskommt, werden die über Winter eingelagerten Kleinfamilien aufgetaut. Vater (der zweite, mit dem ersten hat’s nicht so geklappt) und Mutter proudly presents die Tochter und das kleinen hundähnliche Ding an der Leine der Tochter. Die ganze Familie in geordneter Spaziergeometrie.
Die Promenade wird von allen (beiden) Seiten heftigst beflaniert – mit verkniffenem Gesicht – die Gucci-Brillen aus dem letzten Mittelmeerurlaub haben die Skisaison nicht überstanden.
Wir trinken Eiskaffee und kitzeln Frühlingsgefühle heraus. Eine Wolke macht noch lang keinen Winter mehr. Da zieht man eben den Schal enger und sitzt die Schattenzeit ab.
Schweizer Seeüberquerer bestellen „Due Espressi“ bei dem aus Albanien stammenden Bayer, der als Kellner in einem italienischen Restaurant arbeitet. Die Stadtverwaltung hat ein großes Stück Holland an den See gebracht. Die Hunde bekommen Plantagen von Tulpen als Pinkelbecken. Ich verkneife mir heute die Fotografie. Aus Scham und Angst, wie ein hundsgewöhnlicher Tourist auszusehen.

6 Kommentare

  1. So ging es mir früher in Heidelberg oder Weinheim. Nur nicht wie ein Touri aussehen, aber inzwischen mache ich das sogar bewusst. Wie ein Tourist umherschlendern und gucken, wie ein solcher. Gar nicht so schlecht, sag ich Dir. Und ich fotografiere wann und wo ich will. Sogar ums haus herum, weil man das eigentlich nicht macht.
    Aber Doppelschlitztoaster ist wirklich ein grandioses Wort aus der Discounter-Möbelwelt. Wie Vielzweckschrank oder Mehrzweckhocker.

  2. Ein Stück Holland an die See bringen geht auch noch wahnwitziger: Für die Sandworld am Priwall in Lübeck wird jedes Jahr Sand aus den Niederlanden rangekachelt, weil dieser eine würfeligere Form hat und sich deswegen besser zum Sandburgenbauen eignet. Idiotie: Tonnenweise Sand quer durch Deutschland fahren, um es an einem STRAND abzuladen, um damit Burgen zu bauen.
    Bekloppter war eigentlich nur das Beachvolleyballturnier in der Lübecker Innenstadt, ca. 20 km vom echten Strand entfernt…

  3. Wenn das Wetter langsam besser wird, nehme ich in der Regel um die 3 Kilo zu. Weil diese Spaziergänger, hundeähnlichen Dinge und Pseudo-Sportler-Omis (Nordic-WalkerInnen) meine Jogging-Strecke blockieren.

    Vielleicht sollte ich die Zeit nutzen, als Touri verkleidet durch Frankfurt zu schlendern. Hoffentlich erkennt mich niemand.

    (Schöne Beobachtung!)

  4. @mikel: Klar, es geht auch ohne Scham, bei mir auch. Manchmal sollte man das Ding aber einfach stecken lassen, sonst wird ein Spaziergang schnell zu zwanghafter Motivsuche. Schau dir einmal einen Sonnenuntergang am See an und versuche nicht Foto, Foto, Foto zu denken. Sehr schwierig mit dieser allzeit bereiten Instantfotografie :)

    @Sebastian: Erinnert mich an die Reportage eines Hotelbaus. 20 Meter vom Meer entfernt bauten sie einen riesigen Lagunen-Pool mit Sandstrand. Baden mit Meerblick. Ganz großes Badminton!

    @Der Erik: Hehe. Die Spaziergeometrie könnte man als therapeutischen Ansatz zur „Familenaufstellung“ verwenden.

    @rene: Meine erste Erfahrung mit diesem Nordic-Walking machte ich als kleiner Bub (naja als junger Junge, aber Bub klingt so schön vergangen) in den Bergen. Eine Frau, die mit uns wanderte und uns auch immer wieder mit Weltfremdheit schockierte, hatte höllisch Angst, dass sie mit diesen Stöcken vom Blitz getroffen werden konnte, als sich ein Gewitter ankündigte. Es traf sie – leider – nicht, Jahre später begegnete sie mir wieder als angehende Lehrerin. Aber das ist nun wirklich eine andere Geschichte…

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