Nachdem ich eine Woche lang Deutsche Literatur und Philosophie studiert hatte, fing der Schuh des Geisteswissenschaftlers schon zu drücken an – ich zog ihn erstmal wieder aus.
Bis dahin tanzte ich bar- und leichtfüssig durchs Leben, hier und da auch in Arbeitsschuhen. Ich fasste langerhand den Entschluss, noch auf meine alten Jahre zum mythenumwobenen Zivildienst anzutreten, meldete mich – als Zuvieldienstleistender – freiwillig, landete schließlich in einem wunderbaren Kultur & Integrations-Café und arbeite jetzt mit Jugendlichen mit Behinderung zusammen.
Das Kreiswehrersatzamt hatte mir im Alter von 17 Jahren den obligatorischen Bescheid geschickt, danach wurde ich schlichtweg vergessen. Förmlich meldete ich meinen Anspruch auf die Musterung an und wurde zuselben geladen. „Wer T1 schafft, schafft auch T3“ beflügelte mein Bruder einmal ein Wort, dass man sich mit mit Geschicklichkeit der Tauglichkeit entziehen könne. Ich jedoch präsentierte ehrgeizig meinen Adoniskörper, pinkelte höflich in den Becher und hustete auf Zugriff. Irritationen bereitete mir nur die Ärztin, die mir ein problematisches Verhältnis zu meinen Eltern unterschieben wollte, weil ich flügge geworden war und mir eine Wohngemeinschaft alters- und standesgemäßer erschien. Man darf ja wohl von Zuhause ausgezogen sein, obwohl man seine Eltern mag. Also bitte!
Dem freundlichen Herren, der mir das Gütesiegel der Materialklasse T1 verlieh und der mir die Möglichkeiten der Heereslaufbahn bei meiner Qualifikation näher bringen wollte, musste ich leider absagen. Ich wollte ja Zivildienst machen.
Eine frühere Idee, statt dem Zivil- einen Ersatzdienst im Ausland zu machen, hätte einen anstrengenden bürokratischen Hürdenlauf bedeutet, erschwert auch durch Nicht-Mitgliedschaft in allen christlichen Kirchen (oft die Träger von FSJ und ADiA) und dank einem schicksalhaften Zufall kam eh alles anders. Ich erfuhr von der Möglichkeit in diesem – hier aus Personenschutzgründen vorläufig anonymisierten – Kultur & Integrations-Café Zivildienst zu machen und wollte mich auf jeden Fall dort bewerben.
Jetzt kommt der Witz lieber Leser, als man in lockerer Runde auf dem Southside-Festival über dies und das und Pläne plauderte, lernte ich zufällig meinen Chef kennen. Seine Schwester ist die Mitbewohnerin des Bruders meines Mitbewohners – klar? Ein weiterer höchst amüsanter Zufall, den Blog eines Mitarbeiters kannte ich schon vorher und auch er liest bei mir mit. Die Welt ist ein Dorf.
Einem mittelgroßen Papierkrieg folgend – das Bundesamt für Zivildienst ist an der Abholzunger der Regenwälder mitschuldig zu sprechen – war ich Zivildienstleistender.
Trotz oder gerade wegen sogenannter „Berufsorientierungsphase“, habe ich ja schon dies und das im Leben gemacht und hatte mehr (Neben-)Jobs als ein gewöhnlicher Bundestagsabgeordneter. In Bars, Cafés und Restaurants war ich bisher bloß vor der Theke zu finden. Ein Umstand der geringfügigen Umstellung der Füße einen Meter vom Barhocker hinter die Theke, wenn man so will und die Umgewöhnungsphase, das geöffnete Bier nicht dem eigenen Mund, sondern dem Gaste zuzuführen.
Wenn es das Internet nicht gäbe, wüsste ich gar nicht wie viele Arschlöcher es gibt, da ich begnadeter Glückspilz immer in Arbeitsverhältnisse reingerate, die sich im höchsten Maße durch Menschlichkeit, Offenheit, Freundschaftlichkeit und Spaß an der Arbeit auszeichnen. Hier hätte ich es ebenso nicht besser treffen können, die gesamte Crew ist Team, das einem in der Suche nach der Adjektivierung der Zusammenarbeit, den Superlativ des Wortes schön steigern lassen will. Die „das Übliche?“ – „Ja, das Übliche!“ Stammgäste und der Gästekreis ist auch fein, mit einer Kaffeemaschine wollte ich sowieso mal enger zusammenarbeiten.
Zwischenmenschliche, amüsante und interessante Erlebnisse bleiben in der Zusammenarbeit mit Behinderten, der Bedienung von Gästen und der sonstigen Arbeit nicht aus, zukünftig in der Kategorie „Hinter der Theke“ zu finden.
das klingt nach einem schönen versprechen:-)
„Nachdem ich eine Woche lang Deutsche Literatur und Philosophie studiert hatte…“
Ich bin nicht mehr auf dem neuesten Stand – früher hat man noch Jahre studiert – jetzt reicht schon eine Woche.Toll.
Du weißt ja wie das normalerweise läuft, raus aus der Schule – zack, zack – rein in die Wirtschaft, damit man noch was schafft, bevor man Rente bekommt.
Rente? Nicht mehr in Deinem Alter… ;)
in der jugend hat man noch träume ;-)
Markus, das ist lustig, ich hab einen sehr ähnlichen Job; bei uns gibt’s aber nur Cola und Balisto und sog. „Pasta Basta“ (nicht zu verwechseln mit „Balla Balla“). Thekenjobs rulen einfach. Na ja.
Ja, ich habe deinen Eintrag gelesen. Kicker haben wir allerdings nicht ;)