.von einem der klaviere trug

sperrmüll
(Die fachgerechte Entsorgung 70-er-Jahre-Möbel.)

Auch wenn die Möbel der Siebziger-Jahre heute optische Beleidigungen sind, so haben sie doch einen unschätzbaren Vorteil. Dünner Pressspan und Funier machen sie federleicht. Wer einmal einen massiven Eichenschrank aus dem 17. Jahrhundert getragen hat, weiß so etwas zu würdigen.

Denn ich bin nicht nur Heimwerkerkönig, sondern inzwischen auch erfahrener Umzugshelfer. Mit meinen rekordverdächtigen Zeiten beim Ab- und Aufbau klassischer IKEA-REgale könnte ich bei Wetten-Das auftreten.

Klaviere sind das wohl am leichtesten zu spielende Instrument, abgesehen von der Ein-Loch-Schilfrohr-Flöte, gewichtsmäßig aber das Schwerste (klammern wir die Kirchenorgel einmal aus). Wohl jedes Klavier ist verflucht, von professionellen Möbelpackern und auch von Nebenjobumzugshelfern wie mir.

Schlimm war damals auch ein schöner klassischer Schlafzimmerschrank, den wir behutsam, fürsorglich und ohne einen Kratzer durch die Umzugsschlacht manövriert hatten. Die Besitzerin und Umgezogene wachte mir Argusaugen darüber, dass er nicht mal die Zweige im Garten streifen konnte.
Da Fünfziger-Jahre-Häuser wohl aus schocktherapeutischen Gründen für Klaustrophobe gebaut wurden, bekamen wir das edle Stück nicht durch den 1,05 m breiten Flur. Also musste der Schrank mit einem Stapler durch das Wohnzimmerfenster gehoben werden. Eine Freundin der Besitzerin wollte mit nach oben und setzte sich auf die Türe des Schrankes, die geschätzte 70 Kilo menschliche Dummheit nicht aushielt und nachgab. Vielen Dank! Arghl….

Nur noch mit boshaften Phantasien denke ich an Industriedesigner, die für die Gestaltung der Waschmaschinen verantwortlich sind. Beton- oder bei teuren Modellen Gußeisen-Ausgleichsgewichte sorgen für die gesicherte Zukunft einer ganzen Berufssparte, der Chiropraktik.
Zusätzlich an jeder Stelle, an der man Waschmaschinen tragen könnte, werden wahlweise leicht abrechbare Plastikteile oder scharfe Metallbleche montiert. Danke! Arghl…

Der bisher wirbelsäulenschädigendste und schweißtreibendste Höhepunkt in meiner umzugshelferischen Laufbahn stellte jedoch die Büchersammlung einer älteren Frau dar. Die Stärke der Haltegriffe von Umzugskisten sind wohl nur auf Leerkartons geeicht.
Knowlede is fucking heavy„, sagte ich damals zum malaysischen Schwiegersohn der alten Dame, als wir Dutzende von Bücherkisten aus einem Keller holten, wo die Pappe aufgeweicht und dementsprechend reißfreudig war. Als wir sie auf den Dachboden des neuen Hauses schleppten, sagte ich nichts mehr, sondern japste nur noch nach Luft. Ich brauchte jedes Sauerstoffmolekül für meine Arm-Muskeln.

Das Be- und Entladen von Möbeltransportern ist auch eine Wissenschaft für sich. Ob 3,5 oder 7,5 t, nachdem man mühsam die letzte Matratze unters Dach gequetscht hat und die Autotür unter Anwendung roher Gewalt zugeschlagen wurde, findet der umziehende Hausbesitzer immer noch ein Möbelstück, was auch mit muss. Die Dellen hinten an Türen von Mietlastwagen kommen nicht von mangelndem räumlichen Vorstellungsvermögen beim Einparken, sondern von verzweifelt dagegen geschlagenen Köpfen.
Obligatorisch ist wohl auch der Satz: „Ich hatte ja keine Ahnung, dass ich soviel Zeug habe„.

Aber irgendwann ist auch die letzte Kiste ausgeladen, die Sonne schon lange untergegangen, die Innenlampe des Transporters spendet noch spärliches Licht und man sitzt auf der Laderampe des leeren LKWs und genießt Feierabendbier und Zigarette, während die gemarterten Muskeln noch von der Plackerei vibrieren.

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