Warum ich kein Eiskunstläufer geworden bin

Warum ich damals kein Eiskunstläufer geworden bin, ist eine lange Geschichte, die mit meiner Geburt beginnt und vorläufig damit endet, dass ich jetzt hier sitze und diese Zeilen schreibe, ohne Eiskunstläufer zu sein. Die Verkettung von Umständen, Situationen und Entscheidungen im eigenen Leben führen manchmal zu seltsamen Ereignissen.
Ha, was für ein Zufall, sagt man gerne, wenn man sich unerwartet an Orten trifft. Hätte der scheiß Schmetterling doch mit seinen Flügeln geschlagen, denkt man dann, wenn man die Sympathie zu dieser Person eher mit deren Abwesenheit verbindet. Zufälle trifft man aber überall. Mit ein oder zwei bin ich auch mal ein Bier trinken gewesen.

In meinen jüngeren Jahren las ich bisweilen gerne Bücher, die meinen Horizont überstiegen – ich kaute daran, wie ein Vegetarier an einem Stück Fleisch, mit der Hoffnung, dass ihm dieses deswegen schmecken möge. Viel von den Büchern ist natürlich nicht geblieben, außer vielleicht einem „habe ich mal gelesen“. Zu einem dieser Bücher gehörte Arnolds Stadler „Ein hinreissender Schrotthändler“, vielleicht war es auch ein anderes Werk von ihm. Der Autor war mir schon allein geografisch sympathisch, da sein Heimatdorf dem Dorf meiner Jugend nur wenige Kilometer entfernt war. Zudem nimmt er das Landleben so schön auf die spitze Feder und wer abseits städtischer Sozialstrukturen aufwuchs, weiß wie die Kirche im Dorf blieb. Während ich damals beifahrend im Auto saß und so in diesem Buch herumlas, wurden plötzlich ein Ort und ein Haus namentlich erwähnt, die in genau diesem Augenblick auch an der Autofensterscheibe vorbeizogen. Potzblitz – hätte ich sicher gedacht, wenn ich dieses Wort schon damals dem passiven Wortschatz entrissen hätte – Zufälle gibt’s.

Weil auch sonst so viele Dinge passieren, Personen vorbeiziehen und Tage verstreichen, sollte man vielleicht mal einfach kurz anhalten, sich hinsetzen und nachdenken. Was keineswegs einfach ist, denn der Mensch ist ein komischer Mensch. Die Betrachtungen von Hautunreinheiten morgens im Spiegel dürften zeitlich gemessen die Nachdenkphasen der Selbstreflexion übersteigen. Was wiederum auch Vorteile hat. Gewisse Hautflecken, gedanklich mit Linien verbunden, ergeben hin und wieder mehr Sinn, als diese verdammte Grübelei, die gestrige Gedanken und Gefühle käut und wiederkäut. Die Denkkuh mit vier Gehirnen: Mensch. Selbstbetrachtungen, sofern sie nicht vor dem Spiegel passieren, gehören zu den Dingen, gegen die man sich eben manchmal auch durchaus mit Humor wappnen sollte, damit man einen fiesen Gedanken, der sich einschleichen will, mit einem Lachen erschlagen kann.

„Was wäre wenn“, und wenn man noch jung ist, der noch gemeinere Zwillingsbruder, „was wird wenn“, sind hungrige Begleiter, die einen allzu oft nur zerfressen. Wie Sehnsucht. Die Sehnsucht ernährt nicht, die Sehnsucht verzehrt dich.

Ach ja. Warum ich damals kein Eiskunstläufer geworden bin: Warum hätte ich auch sollen?

4 Kommentare

  1. Solange es nicht das ist was man sieht, das einen nachdenklich macht ;)
    Ich denke ja bevorzugt beim Autofahren und beim Abwaschen nach. Beides mache ich viel zu selten.

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