Die ungeschminkte Wahrheit über das geschminkte Grauen
(Betrunkener Narr)
Brauchtum und Tradition fühle ich mich so wenig verpflichtet, wie ein Wirtschaftspolitiker dem Volk. Ultrabrutale Horrorshow ist für mich die sogenannte fünfte Jahreszeit, hier lokal als „Fasnet“ benannt.
Nachdem sich meine Reisekasse als peinlich vakant entpuppte und man mit leeren Taschen zwar hoch springen, aber nicht weit fliegen kann, sitze ich nun hier im Zentrum der schwäbisch-alemannischen Fasnet fest und träume von unausgelassener Melancholie und Sauertöpfigkeit. Von Stille unter meinem Fenster, in der Stadt, in meinen Ohren.
Die gesellschaftliche Majorität dominiert, der Sonderling muss kuriert werden. Der Mob ist lustig, da hat auch der Mensch lustig zu sein. Gebt mir meine Medizin in kleinen grünen oder braunen Flaschen, flößt sie mir ein, bis ich eure bunte, laute, grelle Welt auch so schön finde und torkelnd, schreiend und gröhlend tanzend, lachend und singend mit euch durch die Straßen ziehe.
Fasching ist so auschließlich, entweder ganz oder gar nicht. Die einzige Möglichkeit – far far away – steht gerade außer Debatte, die Partizipation wird die Konsequenz der Wahl eines geringeren Übels sein: Der Sprung ins kalte Wasser. Die Promillezahl muss der europäischen Inflationsrate angepasst, der Musikgeschmack ignoriert und die Mundwinkl zweizentimeterfüffzich nach oben geschraubt werden und dann Party bis das Morgengrauen graut.
Hurra, es leben die Tage und Nächte der sterbenden Synapsen, ich schaue aus dem Abgrund auf, in den ihr nun blickt. Narri, Narro.
Mein Fluchtflugzeug wartet am kommenden Sonntag auf mich: Wolle ma ihn rauslasse? Jaaaaa…
da kommt mir das zitat des tages (ebenfalls fasching) in den sinn. ein büttredner (oder wie man die in deutschland nennt) meinte: „wir haben uns das ozonloch herbeigefressen. unsere mütter sagten immer: iss den teller leer, damit die sonne kommt.