Die wenigsten werden wissen, dass ich früher politischer Berater war.
Die politische zerklüftete Gebirgslandschaft war damals in derart hohen Regionen angesiedelt und fern den Bevölkerungsebenen, dass fähige Leute gesucht wurden, die den Regierenden mal ein bisschen Bevölkerungsnähe beibringen sollten.
Da war dieser junge Gouverneur aus Texas. Ein bisschen einfältig erschien er mir erst, aber ich dachte „Klasse, einer aus dem Volk. Ein Mann aus einfachen intellektuellen Verhältnissen“.
„Georgieboy„, sagte ich zu ihm, „wenn du Präsident der Vereinigten Staaten werden willst, musst du den Menschen eine große Vision näherbringen, wie etwa – ich wählte ein etwas absurderes Beispiel – dass die USA die großartigste und gottgewollteste Nation auf der Welt ist.“
Ich glaube heute zu wissen, dass der Mann mich einfach wörtlich genommen hat.
Achja, da war auch noch der gute alte Helmut. Einmal nach einem gediegenen Pfälzer Saumagen und ein paar Wodka mit seinem Freund Gorbi, sagte ich, dass es doch ganz klasse wäre, wenn ich mal den Erich von drüben besuchen könnte, da er aus reisetechnischen Gründen nicht an meinem „Rhetorik-Kurs für politische Sinnsprüche“ teilnehmen konnte und er deswegen etwas von Ochs und Esel faselte.
„Wär gansch grosche Klasche, wenn da mal scho diesche beschissene Mauer wegmachen könnde, isch mein da könnden blühenden Lanschaften schein und da schteht scho ne blöde Mauer im Weg„, lallte ich. Wodka habe ich noch nie gut vertragen.
„Karascho„, sagte Gorbi und grinste. Ich wusste, dass er es auf den Friedensnobelpreis abgesehen hatte, da er von mir erfahren hatte, dass mit dem Kommunismus kein Blumentopf mehr zu gewinnen war.
Einmal war ich im tiefsten Bayern unterwegs. Ich sollte da einen Politiker, der wie eine Vogelart oder ein Blumengebinde hieß, zum Rücktritt überreden.
Ich war in diesem urbayrischen Gasthof abgestiegen und wollte mich gerade zur Nachtruhe betten, als mich die Tochter des Wirts (da gäbe es auch noch einen Schwank zu erzählen, aber egal) auf das Nachtkabarett eines Ede unten in der Wirtsstube aufmerksam machte.
Ich war hin und weg. Der Mann war ein Naturtalent. Er benutzte das Vokabular eines Politikers, mischte wild Satzbau und Semantik und stotterte wie ein Wehrmachtslaster im russischen Winter. Nach der Vorstellung saßen wir noch auf ein paar Weißbier zusammen und ich überzeugte ihn, in die Politik zu gehen. Warum sollte man im größten Zirkus der Welt nicht auch etwas zum Lachen haben. Aber bevor ich ihm seinen politischen Werdegang genauer erklären konnte, zog mich die Wirtstochter wieder auf mein Zimmer.
Nunja, Ede wurde fast Kanzler, weil ich dem Joschka damals gesagt hatte, Molotov-Cocktails auf Polizisten werfen ist scheiße. Er hat dann stattdessen Steine genommen.
Mit Gerd hatte ich nur einen kurzen Termin, dann musste er zum Friseur. Angie hatte ich schon auf dem Schoß, als sie noch ein kleines Mädchen war. Einmal ist sie hingefallen und hat ganz bitterlich geweint. Um sie zu trösten habe ich gesagt, dass brave Mädchen die nicht weinen einmal Prinzessin werden können.
Aber der Ede, ja. Neulich hab ich gehört, dass er aufhören will. Schade, aber dass man – als Künstler vollkommen unverstanden – nicht mehr weitermachen kann, verstehe ich. An Verständnis mangelt es eh überall. Zu oft schon musste ich den Unterschied von Kabinett und Kabarett erklären.
Unverstanden und frustriert fühlte ich mich und ging deswegen in die Musikbranche, aber das ist eine andere Geschichte.
Es ist nicht zu entschuldigen, was ich angerichtet habe, trotzdem tut es mir unendlich leid. Ich habe den Leuten diese Flausen in den Kopf gesetzt. Sie können nichts dafür. Auch nicht der Wolfgang, dem ich mal gesagt habe, der Feind ist in unserem Land und die Polizei wäre keine schlagkräftige Truppe mehr. Und hätte ich ihm doch bloß nicht diese unselige Geschichte von Troja erzählt.
Ich bin schuld an all den politischen Miseren. Ihr glaubt doch nicht wirklich, dass vom ganzen Volk gewählte Vertreter, von selbst auf diesen Unsinn kommen?
Grandioser Text! Das macht Spaß.
Wow, ich denke das ist Deine bisher -beste- Arbeit in diesem Weblog. (Soweit ich das überblicken kann)
Kann mich Jan nur anschliessen. Du hast Talent – nutze es!
Thanks for all the fish :-)